Eine meiner Töchter hat einen leichten Hand zum Dramatischen. Wann immer ein Publikum in der Nähe ist, legt sie los. In ihren ersten Jahren sah es so aus, als würde sie keine Gattung der anderen vorziehen. Wir bekamen alles: Clownerie zum Frühstück, Artistik vor dem Schlafengehen, dazwischen feinste Nuancen von Satire, Tragödie und modernem Tanz. Gut, dachten wir uns, sie muss sich eben noch künstlerisch finden.
Dann entdeckte sie den Zauber der Schlusswuchtel. Fortan musste es ein großes Finale mit einem großen Lacher geben, und zwar völlig unabhängig von den als willkürlich empfundenen Schranken zwischen den Genres. Radschlagen – Schlusswuchtel. Beleidigte Leberwurst – Schlusswuchtel. Tief empfundener Weltschmerz – Schlusswuchtel. Abendessen – Schlusswuchtel.
So amüsant das klingt, es hat einen Haken. So sehr die Tochter es mag, wenn man über sie lacht, sie hasst es, wenn man über sie lacht. Wenn es privat wird. So wie letztens im Auto, als sie weinen musste, weil ich noch Einkaufen wollte. Ich fand es irgendwie süß, dass man wegen fünf Minuten im Billa so einen Aufstand machen kann und musste schmunzeln. Sie weinte ein bisschen mehr, ich musste kichern. Sie begann zu kreischen und ich musste laut lachen. Vor allem darüber, wie schnell die Lage außer Kontrolle geraten war. Ich fand das ehrlich lustig.
Sie weniger: „Ich will dich nicht als Vater.“ Und ich musste mir auf die Zunge beißen.